Me, myself and I – eine ernstzunehmende Beziehung

Juliane Großmann

„Wenn du nicht danach suchst, dann kommt es von ganz alleine!“ Ein Satz, den ich selbst schon oft gehört habe. Ganz falsch ist er nicht, jedoch würde ich ihn mit meiner Erfahrung nicht ganz unterschreiben. Natürlich geschehen Dinge oftmals dann, wenn man sie nicht erwartet, sich nicht darauf fokussiert, dennoch glaube ich, dass es eher so ist, dass Dinge geschehen, Menschen in dein Leben treten, wenn DU soweit bist. Wenn Du bei DIR bist. Und da merkt ihr schon, es geht am Ende immer wieder um Selbstliebe! Bei all den Liebesthemen, dem Singledasein, den glücklichen und unglücklichen, erst wer liebt und zwar sich selbst, der ist zufrieden. Ob mit oder ohne Partner.

Werde Liebender, um geliebt zu werden

Im Moment habe ich viele Singles um mich. Bin ja auch einer. Aber von jedem höre ich etwas anderes, jeder hat andere Erfahrungen damit gemacht. Unzufriedenheit, negative Konnotation, mitleidige Blicke, aufmunternde Worte, Angst; das ist es was ich oftmals mitbekomme. „Ich glaube nicht mehr daran, geliebt zu werden, noch einmal DIE Liebe zu finden, den Partner, mit dem ich alt werde.“ Ich denke, da liegt schon der erste Fehler im Denken. Viele meiner Freundinnen kommen aus langjährigen Beziehungen, die sie Anfang 20 begonnen haben. Die große Liebe, der Partner, der mich glücklich gemacht hat, mich verstanden hat, mich so genommen hat, wie ich bin. Damals war es alles leichter….. Ja war es; wir waren unbelasteter, leichter, weniger Gepäck auf den Schultern. Das heißt für mich aber nicht, dass es jetzt nicht mehr möglich ist zu lieben und geliebt zu werden! In erster Linie müssen wir von dem Gedanken loslassen, dass der nächste Partner uns glücklich machen muss. Das muss er nicht! Sich wohl fühlen, Zufriedenheit, Glück, Verständnis, Halt: nicht die Aufgabe des Partners! Ein Partner soll bereichern, dich nicht glücklicher machen. Dafür ist Liebe nicht da, der Partner nicht zuständig. Jedenfalls nicht in erster Linie. ICH bin dafür zuständig! Wer all diese Erwartungen in den potentiellen Partner steckt, kann fast nur enttäuscht werden, denn daran kann er nur scheitern. Ich denke nicht, dass unsere Erwartungen zu überzogen sind, unsere Ansprüche zu groß, aber ich denke, dass wir die Gewichtung, wer diese Erwartungen erfüllen sollte falsch setzen.

Dazu kommt natürlich noch dieses Lovestory-Movie-Bild von Liebe. Dieses rosarote von der Verschmelzung zweier Seelen, die für einander bestimmt sind, den anderen verkomplettieren, man nur mit diesem Menschen glänzt, schöner, größer ist. Die tausend Schmetterlinge, das große Gefühl, dass unsere Welt aus den Angeln hebt, toller, intensiver als alles bisher dagewesene. Was wenn nicht dieses unbeschreiblich tolle Gefühl eintritt, wenn statt Achterbahn NUR Harmonie, Anziehung, Verständnis und Vertrauen da ist. Ist es dann nicht richtig? Ist das dann zu wenig? Ich denke nicht. Wir projizieren wahnsinnig viel auf den Partner, den Nächsten, und werden oft enttäuscht. Ich glaube aber, meistens kann der Gegenüber gar nichts dafür, sondern wir scheitern an uns selbst. „Ich habe die Hoffnung verloren wieder zu lieben.“ ist eigentlich nur ein Zeichen dafür, dass man sich zu sehr auf das Äußere konzentriert, den Blick in sich selbst verloren hat. Wer bin ich, was macht mich aus, wo will ich hin? Fragen, die man sich beantworten sollte, bevor man sie durch andere definieren versucht. Klar, Gefühl muss sein, aber ich bin keine 17 mehr, meine jugendliche Leichtigkeit hat einer erwachsenen Selbstkenntnis platz gemacht. Diese weiß um sich selbst, hat Ansprüche. Den Anspruch, dass ICH einen Wert habe, ICH mich nicht verlieren darf, in dem Anderen, in einer WIR-Beziehung. Das ICH einen Gefährten in meinem Leben will, der sich genauso wichtig nimmt, um seiner selbst Willen liebt, mich aber an seinem Leben teilhaben lässt. Gemeinsam individuell sein.

Me, myself and I – eine ernstzunehmende Beziehung

Hinzu kommt die Angst vor dem Alleinsein. Ich, als Single bin nicht allein! Ich führe eine recht gute Beziehung mit mir selbst. Und die läuft nicht immer reibungslos. Auch wir streiten, reiben uns, können uns manchmal nicht leiden, zweifeln, aber inzwischen kennen wir uns ziemlich gut. Viele verschließen die Augen vor der Tatsache, dass wir nunmal allein sind. Egal welche Menschen in unserem Leben sind und kommen, am Ende sind wir immer allein, wir treffen allein unsere Entscheidungen und sind auch ganz allein für uns verantwortlich. Und Alleinsein ist nicht zu verwechseln mit Einsamkeit! Mit sich allein sein heißt wertvolle Zeit mit sich zu verbringen, in sich zu hören, sich zu finden, zu hinterfragen, sich zu ertragen, in guten, wie in schlechten Zeiten. Und das ist ein Prozess, den jeder durchlaufen sollte. Viele flüchten davor, lassen sich jedoch dabei auf der Strecke. Ein Flucht in die nächste Beziehung, die nächste Affäre, meist nur Flucht vor sich selbst. Solange du dich nicht mit dir und deinen Dämonen beschäftigst, solange reibt dir das Leben eben genau diese Probleme, Ängste und Stolpersteine unter die Nase, solange, bist du anfängst dich damit zu beschäftigen und daraus zu lernen. Wer also Angst hat nicht mehr zu lieben, geliebt zu werden, der liebt sich selbst nicht, kennt sich nicht. Wer also Single ist, gerade geworden ist, sollte nicht darin den Grund seiner Unzufriedenheit suchen und braucht auch keine mitleidigen Blicke. Das Singledasein ist weder die tollste Sache der Welt noch ein negativer Umstand, der mich minderwertiger macht. Also liebe Liebenden, wir Singles brauchen keine Verkupplungsversuche oder schlaue Sprüche á la „Das wird schon, auch du findest deinen Deckel!“ und liebe hoffnungslosen Singles, nehmt die Reise an, Single zu sein, ist ein Lebensabschnitt, der dich wahrscheinlich auf die beste Reise deines Lebens schickt, eine abenteuerliche Selbst-Entdeckungsreise. Auf der wird es steinig, kalt, stürmisch, aber auch erhellend, überraschend und lehrreich.

All you need is love – your love

Ich liebe mich. Ich kenne viele Schönheiten und Macken an mir und habe sie akzeptiert, an manchen scheiter ich, andere pflege ich, weil sie genauso richtig sind. Was dabei hilft, sind Momente mit mir, Spaziergänge, Stunden mit mir im Bett, die Gedanken überall und nirgendwo, trotzdem bei mir. Ich, die sich mal wieder nicht getraut hat, den einen anzusprechen, zu lange gezögert, zu viel gedacht, der eine Satz, der nur gedacht, statt ausgesprochen wurde, das Lachen mit neuen Menschen, die mich sofort ins Herz geschlossen haben. Momente, die mich zu mir führen, zeigen, wie ich reagiere und warum oder warum eben nicht. Ich lerne jeden Tag. Das ist nicht immer schön, das gebe ich zu, auch ich bin nicht perfekt. Und diesen Anspruch habe ich auch nicht an mich. Mit dieser Reise werde ich wahrscheinlich nie fertig sein, aber weil ich diese Reise erst einmal mit mir alleine antrete, schaffe ich eine Grundlage, dass mich andere lieben können. Weil ich ICH bin, weiß was ich will und wo ich hin will. Mit dieser Erkenntnis weiß ich, dass ich einen Partner möchte, der akzeptiert, dass ER er ist, ein Individuum, aber bereit einen neuen Menschen in sein Leben zu lassen. Platz zu machen, um gemeinsam allein zu sein, man selbst zu sein.
Ich habe selbst mal behauptet, dass ich nicht bereit für einen Mann bin, weil ich selbst nicht mit mir im Reinen bin. Heute weiß ich, dass dies falsch ist. Denn man ist ja nie richtig fertig. Man lernt ja nie aus und entwickelt sich ständig weiter. Ich bin vielleicht noch nicht ganz bei mir angekommen, aber schon sehr nah an mir, was ich aber nur durch stetes hinhören geschafft habe. Und durch diesen Prozess habe ich Menschen angezogen, die mich erkannt haben, meine Einzigartigkeit und geschätzt haben. Es ist also nicht die Suche nach dem Einen, dem Seelenverwandten, oder dem Aufhören zu suchen, damit es kommt. Es ist der Weg mit uns zu uns, damit wir leuchten können und so die richtigen Menschen anziehen können. Menschen, die uns begleiten, uns helfen uns noch besser kennenzulernen oder uns zu lieben.

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7 Kommentare

  1. Ich bin relativ frisch Single, und ich bin derzeit gut damit. Auch wenn der Kommentar meiner Mutter war: „Na, dann sieh mal zu, dass du wen Neues findest, bald ist alles vernünftige vom Markt!“. Jap, danke dafür 😀 Im Moment habe ich aber nicht das Gefühl, dass ich dringend einen Partner brauche, um zufrieden zu sein. Nein im Gegenteil, ich glaube sogar, dass es besser ist, dass man seinen Partner findet, wenn man zufrieden ist. Ansonsten bürgt man ja seinem Partner die Last auf, einen glücklich machen zu müssen. Und so habe ich nun erstmal Zeit, zu mir selber zu finden…

  2. Wirklich ein sehr toller und ehrlicher Beitrag! Ich selber kann da leider nicht so richtig mitreden da es schon eine ganze Weile her ist das ich Single bin, aber ich stimme dir vor allem in deiner Aussage zu, das man zuerst mal eine gute Beziehung mit sich selbst führen sollte. Egal ob Singel oder nicht 🙂

    Liebe Grüße
    Stephi von http://stephisstories.de

  3. Sehr gut geschrieben…Vor allem der letzte Teil „All you need is love-your love“.
    Wunderbar auf den Punkt gebracht. Ich bin schon fast mein ganzes Leben lang mit mir allein…. Warum das so ist, weiss ich auch nicht. Und jetzt wo man,an diesen einen Menschen so oft denkt , ich mich nicht traue und alles zerdenke-bleib ich doch wieder allein!

    1. Hallo Julia, alleine bin ich auch schon länger….und das mit dem nicht trauen kenne ich auch. Aber da solltest du dir vielleicht doch ein Herz fassen und es versuchen!!!!! Liebe Grüße

  4. Danke für die Worte, das ganze mit sich selbst beschäftigen usw. hatte ich zum Teil mit meinen nun 35Jahren leider fast etwas aus den Augen verloren…

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