Was wäre wenn…

Wenn ich nur könnte, dann würde ich glücklicher sein, reicher, verliebter, schneller, besser, kreativer, härter. Die Zeit, die ich habe, müsste ich besser nutzen, mehr tun, viel mehr schaffen. Wenn ich heute mehr gearbeitet, noch mehr gedacht hätte, wäre ich morgen vielleicht schon dort, wo ich schon immer sein wollte. Hätte ich mich gestern mehr angestrengt, noch mehr gackert, dann müsste ich heute nicht hier sitzen und grübeln. Wenn ich erst, dann hätte ich und würde bestimmt.

Was wäre, wenn ich anders leben würde, nicht allein. Mit mehr Menschen um mich herum, dann würde ich glücklicher sein, kreativer, spontaner, geistreicher. Was, wenn ich in einer anderen Stadt die Augen öffnen würde. Mehr Trouble, mehr Gespräche, mehr Möglichkeiten, mehr Austausch. So könnte ich mich besser entfalten, mehr aus mir herauswachsen, größer werden. Ein anderer Studiengang hätte mich auch schneller an meine Ziele bringen können. Ich hätte jetzt schon da sein können, wo ich schon immer sein wollte. Wenn ich doch, dann hätte ich und würde bestimmt.

Aber wo bin ich?

Ich bin hier, im Jetzt, der Gegenwart. Die Vergangenheit gelebt, die Zukunft noch vor mir. Der Konjunktiv, Falle einer nicht satt zu bekommenden Gedankenwelt, die Augen immer nach recht und links gerichtet. Den Fokus immer auf den Anderen, nicht auf mir. Sie übernimmt das Kommando, wenn ich still stehe, lässt mich zweifeln. Gedanken in Futur und Präsens verwandelt sie in eine Welt des Konjunktivs. Nichts an mir, in mir, um mich scheint richtig. Zufriedenheit kennt sie nicht; Ruhelos, rastlos, immer-vorwärts-zum-Besseren.

Anspornend und bremsend zu gleich. Nicht stehen bleiben! Mehr wollen, mehr fühlen, mehr erleben, erfassen, erfahren, loswerden, noch mehr lieben, aufbauen, verdienen, ausgeben, gewinnen. Höher streben, höher klettern, noch besser sein. Das Glas halb leer, da passt noch viel mehr rein.

Was wäre wenn…

…mich das Konjunktiv-Leben gar nicht glücklicher machen würde?!

Was wäre wenn…

…ich schon genau dort bin, wo ich schon immer sein wollte.

In einer Stadt, in der ich mich wohl fühle. Ein paar Menschen um mich, die mich bereichern, anspornen, bewegen, berühren. Einer Familie, die im Perfekt, Präsens und Futur hinter mir steht. In einem Leben, voller Möglichkeiten, Türen, die mir offen stehen. Durch die ich gehen kann und werde. In meiner Geschwindigkeit, zu meinen Bedingungen, im Hier und Jetzt. Nach oben alles offen.

 

In welcher was-wäre-wenn-Falle steckt ihr?

Schau doch auch mal hier

7 Kommentare

  1. Oh ich befürchte ich stecke streckenweise in viel zu vielen Konjunktiv-Fallen, als dass ich sie noch zählen könnte. Aber dann in anderen Momenten… da gelingt es mir dann wieder ganz spielend im JETZT zu leben.

    Das interessante daran: Ich bin der Meinung, dass nur „Das Leben im (absoluten) Jetzt“ das einzig Wahre und vor allem Gesunde ist. Punkt. Kein „Aber“ oder „Najaaa,…“

    Alles andere ist etwas „Geschaffenes“. Und besonders in der heutigen, „modernen westlichen Gesellschaft“ zu einer wahrhaftigen Plage heran gewachsen. Das ständige Streben nach mehr, größer, höher, weiter, fitter, hübscher, geiler, außergewöhnlicher und was es nicht noch an Superlativen gibt ist eine Krankheit, die als solche nicht wahrgenommen wird.
    Im Gegenteil: Sie wird durch den überaus achtlosen Verzehr von Massenmedien als das „normale“ wahgenommen und in uns eininjeziert.

    Darüber hinaus tun wir doch fast nichts mehr wahrhaftig und einzig & allein.
    Während wir essen, lesen wir Zeitung, Smartphone, Werbung
    Während wir die Zähne putzen, gehen wir gedanklich schon mal den anstehendenn Tag durch,
    Während wir putzen spielen wir das nervende Telefonat mit der Produkthotline nochmal durch.

    Und bei allem sind wir mit unserem Bewusstsein nicht im jetzt, sondern:
    Entweder in der Vergangenheit und malen uns aus wie wir sie am liebsten manipuiiert hätten…
    oder
    In der Zukunft und versuchen uns schon mal so zu positionieren, dass wir eben jene Idealtypische Zukunft auch zur wahrheit machen können.

    Alles ist optimiert auf größt mögliche Auslastung, größt möglichen Erfolg/Ertrag/Nutzen. Sehr wahrscheinlich getrieben von der allgegenwärtigen Angst überholt, ausgetauscht, ersetzt, nicht gesehen zu werden.

    Und da schließt sich der Kreis zum „was wäre wenn,…“

    Was wäre wenn ich mir einfach mal keine Gedanken darüber mache und einzig und allein im aktuell präsenten Moment lebe und auf den Rest verzichte?
    Es ist schwer, mutet fast unmöglich an. Aber es ist die einzig gesunde Art zu leben.

    1. Lieber Herr Heinrich,

      vielen Dank für die weisen Worte, die fast schon ein eigener Post wären. Aber Sie haben vollkommen recht!Oftmals übersehen wir die kleinen, besonderen Momente, die uns bewegen, streben anstatt nach höherem, als lieber mal stehen zu bleiben und zu genießen und zu verweilen.

  2. Da bin ich wieder. Ich sehe im Rahmen der Bogger- Kommentierwoche werde ich bei dir viele interessante Artikel entdecken. DIe Frage „Was-wære-wenn“ stelle ich mir schon længst nicht mehr – sie bringt mich nicht weiter und ändert nicht die Ereignisse in meiner Vergangenheit. Ich konzentriere mich liebe auf das hier und jetzt.

    1. Liebe Janine, schön dich wieder hier zu haben! Freut mich zu hören, dass du dieses Gefühl ablegen konntest. Ich verfalle da doch das eine oder andere Mal noch einmal herein. Aber es bringt absolut nichts. LG Juliane

  3. Ich frage mich manchmal: Was wäre passiert, wenn ich nicht mein Studium abgebrochen und nicht die Ausbildung begonnen hätte? Wie wäre dann mein Leben wohl verlaufen? Ich glaube, dass ich nach 4 Semestern die Reißleine gezogenn habe und mich umorientiert habe, war die beste Entscheidung meines Lebens. Denn nun habe ich einen gut bezahlten unbefristeten Job, den ich auch mit verkürzter Wochenstundenarbeitszeit ausüben kann, sodass ich parallel wieder studieren kann – wieder BWL, aber diesmal an einer privaten Uni. Aber nun stellt sich mir die Frage: Wie sieht mein Leben nach dem Studium aus? Ist es wieder an der Zeit einen harten Schnitt zu machen und mir eine neue Stelle suchen? Mein Job ist zwar in Ordnung, aber um ihn auszuüben, hätte ich nicht studieren müssen. Bin ich bereit die Sicherheit gegen neue Erfahrungen und einen vielleicht besseren Job einzutauschen? Aber was ist ein besserer Job?
    Gottseidank habe ich noch ein gutes Jahr Zeit und derzeit halte ich Augen nach Möglichkeiten offen, denn ich vertraue einfach in meine Fähigkeit, immer das Beste aus einer Situation zu machen und gestärkt aus einer vermeintlichen Krise hervorzugehen. Daher eignen sich Situation, in denen man am Boden lag und sich selbst wieder aus eigener Kraft herausmanovieren konnte sehr gut für zukünftige „Krisen“, denn man bekommt ein wunderbar großes Selbstvertrauen in sich selbst, sich immer wieder „selbst retten zu können“. Aber was wäre, wenn – Spielchen laufen ständig in meinem Kopf ab. LG Myri

    1. Wenn du schon einmal das Gefühl hattest, dass du jetzt in diesem Moment etwas ändern musst, dann wird es wieder kommen, wenn es an der Zeit ist. Es ist wichtig genau in sich hinein zu hören und auf sein Gefühl zu hören. Auch wenn ich mal zweifle, hadere, das Grundgefühl, das ich gut bin und den richtigen Weg gehe, ist immer da.
      LG

Schreibe einen Kommentar zu Juliane Grossmann Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert